Mittwoch, 25. April 2007

Reisen mit Aldi & Co.. nicht immer billig

Discounter-Reisen nicht immer Schnäppchen
Aldi, Lidl oder Plus locken mit Urlaub zu Superpreisen. Doch da die Reisekonzerne kontern, lässt sich nur bei Fernzielen sparen
Von Silke Schade ( Berliner Morgenpost)

Berlin - Schon der Name klingt nach Urlaub: "Vera Paradiso" heißt das Clubhotel an der türkischen Riviera, für das der Lebensmittel-Discounter Plus wirbt. Und genauso paradiesisch erscheint auch der Preis. Für eine Woche inklusive Verpflegung zahlt eine vierköpfige Familie in der Hochsaison knapp 2000 Euro. Rund 350 Euro mehr wären es hingegen, wenn sie bei einem Reiseveranstalter buchen würde.

In diesem Fall steht "günstig" drauf und ist günstig drin. Doch das ist nicht immer so. Stichproben der Berliner Morgenpost haben ergeben: Wer in den Sommerferien mit Aldi & Co. wegfahren will, läuft mitunter Gefahr, am Ende draufzuzahlen. Das gilt besonders dann, wenn die Reise nicht allzu weit, sondern etwa auf die Kanarischen Inseln geht. Dann haben die Reisegesellschaften oft vergleichbare Pakete im Angebot - mindestens zum gleichen Preis parat, wenn nicht sogar günstiger. Wen es jedoch in die Ferne zieht, etwa nach Mexiko oder Kenia, der kann beim Discounter Geld sparen.

Schnäppchen bei Fernreisen

Das Fazit bestätigen die Experten von Stiftung Warentest. "Bei den Fernreisen ist gut und gerne mal ein Schnäppchen drin. Aber nicht immer liegen die Reisepreise beim Discounter konkurrenzlos niedrig", sagt Redakteur Falk Murko. Zu Jahresbeginn nahm sein Team die Angebote unter die Lupe.
Damals kam Schwung in die Branche. Gemeinsam mit Berge & Meer Touristik, einer 75-prozentigen TUI-Tochter, begann Deutschlands größte Billigmarktkette Aldi, im Monatsrhythmus Reisen anzubieten. Darauf schienen die deutschen "Reiseweltmeister" nur gewartet zu haben: In den ersten Stunden schon brach das Vertriebssystem zusammen, so riesig war der Ansturm. Mehr als eine Million Menschen sollen sich am ersten Tag die Internetseite angeklickt haben.

Im Februar sprang Penny auf den Zug auf und vertreibt seither Angebote von Dertour. Konkurrent Lidl stieg bereits im Dezember mit Paneuropa Reisen in das Tourismusgeschäft ein. Vier Jahre zuvor hatte die Handelskette Plus mit Berge & Meer sowie Paneuropa erste Reisen verkauft.

Die Zahl der Reisen variiert von einem Discounter zum anderen. Jeweils zum Monatsanfang veröffentlicht Aldi fünf neue Angebote. Aktuell neben den Badeaufenthalten auf Teneriffa und in Mexiko (siehe Grafik) eine Autoreise nach Usedom, eine Rundfahrt durch Kanada oder ein Städtetrip nach Hongkong.

Auswahl bei Lidl , Plus und Penny

Während Aldi auf wenige standardisierte und daher kaum beratungsintensive Angebote setzt, haben die Mitbewerber mehr als doppelt so viele im Sortiment. So wartet Lidl mit einem zehnseitigen Reisekatalog auf und präsentiert sich auf seiner Internetseite mit Suchmaske als professionelles Reiseportal. Penny bietet Urlaubstouren aus fünf verschiedenen Sparten an, darunter eine Vielzahl von Kreuzfahrten, aber aktuell zumindest keine Flugreise. Bei Plus kann der Kunde sogar unter 13 verschiedenen Kategorien wählen, von der Familien- bis zur Erlebnisreise.
Weil die Auswahl so groß ist, ist es wichtig, genau hinzuschauen. Und das nicht nur bei den Discountern selbst. "Wer günstig verreisen will, sollte sich unbedingt die Mühe machen und die Angebote mit denen der herkömmlichen Veranstalter vergleichen", rät Beate Wagner von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Für Singles gilt es, bei den Aldi-Reisen aufzupassen. Im Fall des Teneriffa-Urlaubs müssen sie einen Aufschlag von 169 Euro in Kauf nehmen, um ein Doppelzimmer als Einzelperson nutzen zu dürfen: Einzelzimmer sind nicht im Sortiment. Im Gegensatz zum Konkurrenten Neckermann, der daher 60 Euro günstiger ist.

Kein Rabatt für Kinder

Familien sollten besonders auf Kinderermäßigungen achten. Zwar locken auch die Billigmärkte oft mit Festpreisen, allerdings sind die nicht immer garantiert. So müssen beispielsweise bei der Lidl-Reise nach Gran Canaria auch die Jüngsten voll zahlen. Für die Familie bedeutet das 200 Euro weniger in der Kasse, als wenn sie mit Neckermann gefahren wäre.
Vergleichen lohnt sich aber nicht nur in finanzieller Hinsicht, findet Sibylle Zeuch vom Deutschen Reisebüro- und Reiseveranstalter-Verband (DRV). "Im Reisebüro kann der Kunde neben umfangreicher Beratung zu Angeboten und Preisen auch eine spezielle Fachkompetenz rund um die Planung und Buchung von Reisen erwarten", betont die Sprecherin. "Im Discounter erntet er hingegen höchstens ein Achselzucken, wenn er sich mit Fragen an das Personal wendet."

Nachfragen nur telefonisch

Zu buchen sind die Aldi-, Lidl- und Plusreisen ausschließlich im Internet, eine Beratung gibt es am Telefon. Die Discounter sind im Prinzip nur Vertriebswege", erklärt Verbraucherschützerin Beate Wagner, "abgewickelt werden die Reisen aber komplett über die Veranstalter". Was für den Urlauber zunächst unerheblich erscheint, stellt rechtlich gesehen einen großen Unterschied dar: Bei Reisemängeln ist nicht der Discounter die richtige Adresse. Der Kunde muss sich direkt beim Veranstalter beschweren.
"Damit sollte man sich nicht allzu viel Zeit lassen", warnt Expertin Wagner. "Schon vor Ort müssen die Mängel dem Reiseleiter gemeldet werden." Falls dieser daraufhin ein Ersatzangebot vorschlägt, braucht der Urlauber es nur anzunehmen, sofern es der gebuchten Leistung entspricht. Sollten die Mängel nicht beseitigt werden, kann der Kunde wenigstens einen Teil des Reisepreises zurückverlangen. Dazu hat er innerhalb eines Monats nach seiner Rückkehr Gelegenheit.

Aus der Berliner Morgenpost vom 23. April 2007

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